Verlegung der ersten Stolpersteine in Bruck an der Mur
für Johanna, Anna, Josef und Si(e)gmund Hofmann
14. November, 15 Uhr
vor dem Eingang des ehemaligen Geschäftslokals in der Herzog-Ernst-Gasse 7 (früher Wiener Gasse)
Foto: Familie Hofmann, Johanna Hofmann, Josef Hofmann (Stadtmuseum Bruck)
HIER WOHNTE JOHANNA HOFMANN GEB. STÖHR JG. 1866 GESCHÄFT ‚ARISIERT‘ 13.12.1938 UNFREIWILLIG VERZOGEN WIEN 27.8.1942 DEPORTATION THERESIENSTADT 26.9.1942 ERMORDET |
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Familie Hofmann – Biografien
(verfasst von Harald Fladischer)
Mori(t)z Hofmann, geboren am 27.05.1853, kam 1885 als kleiner Krämer aus Lackenbach nach Klagenfurt. Seine erste Frau Antonia, geborene Grünhut aus Kuklow (Ungarn), starb 1887 im Alter von 32 Jahren an Bauchfellentzündung und Erschöpfung. Danach heiratete Moritz Johanna Stöhr, die ebenfalls aus Kuklow stammte. Moritz Hofmann war Mitbegründer des “Israelitischen Kultusvereins” und der “Chewra Kadischa” in Klagenfurt. Seine letzte bekannte Wohnadresse in Klagenfurt, Bahnhofstraße 17, lässt darauf schließen, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits ein wohlhabender Bürger war.
Moritz und Johanna Hofmann zogen zwischen 1892 und 1893 mit den Kindern Emil (1885), Jakob (1886), Antonia (1889), Anna (1891) und Selma (1892) von Klagenfurt nach Bruck. Vorerst lebten sie in der heutigen Roseggerstraße 28 (damals Grazer Straße 71), dort kam Josef (1893) zur Welt. Gemäß einem rassistischen Kommentar im Obersteirerblatt vom 5. April 1894 hatte Moritz bis 1894 bereits ein Geschäft namens Wiener Bazar am Brucker Minoritenplatz, das er „durch die Vermiethung des Ladens an einen christlichen Gewerbsmann“ verlor.
Siegmund (1895) und Rosa (1900) kamen bereits in der heutigen Herzog Ernst Gasse 7 (damals noch Wiener Straße 153, dann Wiener Gasse 7) zur Welt, es ist anzunehmen, dass dies bereits ab 1895 der Wohnort der Familie und der Geschäftssitz des Wiener Bazars war. Moritz starb 1906 an einem Herzfehler an dieser Adresse. 1908 kaufte Johanna das Gebäude und betrieb dort ein relativ großes Geschäft (genehmigter Zu- und Umbau 1912), unter anderem eine Möbelhandlung und ein Gemischtwarengeschäft, den Wiener Bazar. 1921 wurde das Familienunternehmen um den Standort am Hauptplatz 8 (das Gebäude war von 1921 bis 1932 im Besitz von Jakob und Malwine Hofmann) erweitert. 1923 wurde ein Gewerbeschein für die WieBa OHG (WIEBA Hoffmann & Co) für eine Produktion von „Drahteinsätzen, Steppdecken und Matratzen an den Standorten Wienergasse 7a bzw. Hauptplatz 8 eingetragen, als offene Gesellschafter waren Johanna, Emil, Jakob, Josef und Siegmund Hofmann sowie Karl Deschmann vermerkt. Die Löschung erfolgte für den Standort Herzog-Ernst-Gasse 7 erst am 22.11.1938.
Antonia Reiner zog 1921 mit Ihrem Mann Ludwig Rainer nach Wien, dort wurden die Kinder Walter (1921) und Elfriede (1926) zur Welt. Selma zog 1927 nach Wien und betrieb dort eine „Pfandlerei“ und ein Wäschegeschäft. Jakob, Malwine und ihr Sohn Paul zogen 1932 nach Wien, Emil 1935, Rosa bereits 1929.
Johanna wurde 1942 in Theresienstadt ermordet. Ihre Kinder Emil (Jugoslawien) Jakob (Jasenovac), Selma (Izbica), Antonia (Reiner, Hartheim), Anna (Izbica) und Siegmund (ca. 1943 Italien) die Schwiegerkinder Nelly oder Elza (geb. Spitzer, Jugoslawien), Malwine (geb. Kohn, Daruvar, Lobograd, Ausschwitz) und Ludwig Reiner sowie die Enkeltochter Elfriede Reiner (beide am 9.6. aus Wien nach Maly Trostinec deportiert) überlebten die Shoa nicht.
Den Kindern Rosa (Neumann, GB – Isr.) und Josef (Rumänien – Internierung Mauritius 1940 – 1945 – Israel/Palästina) sowie den Enkelkindern Walter Reiner (später Rainer, Chaims Vater, Isr.) und Paul Hofmann (GB-Australien) gelang die Flucht.
Josefs Schicksal ist besonders interessant und schockierend. Er war von 1939 bis 1940 in Graz inhaftiert. Das Urteil lautete auf „Rassenschande“, da er offenbar ein länger andauerndes Verhältnis mit einer nach damaliger Definition „deutschen“, noch dazu verheirateten Frau unterhielt. Danach zog er nach Wien, 1940 gelang ihm über Rumänien die Flucht nach Palästina, wo er als illegaler Einwanderer registriert, jedoch daraufhin von den britischen Mandatsbehörden nach Mauritius gebracht und bis 1945 dort interniert wurde. Er lebte danach in Rechovoth in der Nähe von Tel Aviv, nahe seiner Schwester Rosa. Leider haben wir zu beiden keine näheren Daten aus ihrem späteren Leben.
Ca. 2013 nahm Chaim Rainer, Sohn von Walter, Enkelsohn von Ludwig und Antonia und Urenkel von Johanna und Mori(t)z, den Kontakt mit der damaligen Museumsleiterin Irmengard Kainz auf. Am 14. November wird Chaim mit seiner Frau Nava, seinem Bruder Avi und dessen Frau Yaffa sowie ihrem Sohn Amir Rainer nach Bruck kommen.
Auf Initiative von Finanzreferent Werner Anzenberger und der Obfrau des Museumsvereins, Irmengard Kainz wurde per Stadtratsbeschluss vom 22.3.2022 die Verlegung von Stolpersteine für Mitglieder der Familie Hofmann beschlossen. Werner Anzenberger stellte den Kontakt zum Verein für Gedenkkultur um Obfrau Daniela Grabe her.