ALBERT WEINBERGER
JG. 1906
BERUFSVERBOT 1938
FLUCHT 1939
SCHWEIZ, PALÄSTINA
Dr. Albert Weinberger wurde am 9. Februar 1906 in Pressburg/Bratislava geboren. 1907 übersiedelten seine Eltern Betty und Moritz Weinberger nach Frohnleiten, wo sie ein Haus mieteten und eine Gemischtwarenhandlung betrieben. Die Geschwister Ladislaus, Ignac, Schai (Charlotte, Sarah) und Josefa (Jolanda, Yoland) kamen mit Albert nach Frohnleiten, die jüngste Schwester Laura wurde hier geboren. Albert besuchte die Pflichtschule, danach legte er an der HAK in Graz die Matura ab und studierte anschließend Rechtswissenschaften.
Am 17. April 1919 erhielt Albert Weinberger die österreichische Staatsbürgerschaft, er besaß das Heimatrecht in der Gemeinde Frohnleiten.[1]
Im Wintersemester 1925/26 inskribierte er an der Philosophischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität in Graz, um das Latinum und das Philosophicum nachzuholen, das ihm als Absolventen der Bundeshandelsakademie in Graz als Voraussetzung zum Studium der Rechtswissenschaften fehlte. Gleichzeitig inskribierte er auch Vorlesungen aus Rechtsgeschichte an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät. Im eigenhändig ausgefüllten Inskriptionsblatt gab er unter der Rubrik „Muttersprache, Volkszugehörigkeit“ deutsch an, mosaische Konfession, Sohn des Moritz Weinberger, Kaufmann in Frohnleiten.
Ab dem Wintersemester 1926/27 war er an der juridischen Fakultät inskribiert, legte das erste Rigorosum aus den „judiziellen Fächern“ am 19. Juli 1930, das zweite aus den „politischen Fächern“ am 21. März 1931, und das dritte Rigorosum aus den rechtshistorischen Fächern am 9. Juni 1932 ab. Am 14. Juni 1932 wurde er zum Dr. jur. promoviert.[2]
Albert Weinberger besaß eine Liegenschaft in Frohnleiten, EZ 286, die er 1939 verkaufen musste.[3] Seine letzte Meldeadresse vor der Emigration war in Graz, Entenplatz 9. Das Haus, das der Familie Leopold Neufeld gehörte wie auch das Haus in Frohnleiten, in dem er aufgewachsen war, beherbergte nach der Reichspogromnacht provisorisch die „Kanzlei“ der Kultusgemeinde. Laut Auskunft der Magistratsabteilung 12 – Opferfürsorge (Wien, 1974)[4] wird als letzte Meldeadresse in Österreich bis 1.1.1940 Kaiserfeldgasse 29 in Graz angegeben, das war die Wohnadresse seiner Schwester Jolanda Schlesinger und ihres Ehemannes Karl.
Ab 15. Jänner 1938 war Albert Weinberger selbständiger Rechtsanwalt in Graz, davor absolvierte er das Gerichtsjahr und war sechs Jahre als Konzipient bei RA Dr. E. Koppmann in Graz. Aufgrund des Reichsbürgergesetzes erfolgte die Löschung seiner Zulassung als Anwalt, am 28. Mai 1938 wurde ein Vertretungsverbot verhängt.[5] In den folgenden Monaten war Albert Weinberger unentgeltlich bei der Israelitischen Kultusgemeinde in Graz tätig, er folgte für kurze Zeit dem Vorsteher der Gemeinde und Leiter der Auswanderungsbehörde, Elias Grünschlag, nach und war hauptsächlich mit der Beschaffung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen für die Ausstellung von Pässen beschäftigt.
In dieser Zeit konnte Albert Weinberger nach eigener Aussage keinen Beruf ausüben und „lebte lediglich von dem restlichen Geld meines Vaters.“ Seine Cousine Louise Reisz bestätigte, dass Albert Weinberger im August 1939 in die Schweiz reiste, um über die Auswanderung von in Graz lebenden Juden zu verhandeln. „Kurz nach seiner Abreise brach jedoch der Krieg aus und infolgedessen ist Herr Dr. Weinberger nicht mehr nach Österreich zurückgekehrt, sondern direkt nach Israel (Palästina) zurückgekehrt.“[6]
Die Zeit in Palästina beschreibt Albert Weinberger als sehr schwierig, vor allem die fehlenden Sprachkenntnisse und das Überangebot an Arbeitskräften machten es ihm lange Zeit unmöglich, sich eine Existenz aufzubauen. Er versah dort angeblich „Straßenpolizeidienst“[7] und arbeitete für eine Mühle, sein Einkommen belief sich nur auf rund ein Fünftel dessen, was er in Graz verdient hatte. Aufgrund „familiärer Verhältnisse“ kehrte Albert Weinberger erst Ende 1954 nach Österreich zurück, wo er im September 1955 wieder als Anwalt in Wien zugelassen wurde. Es war ihm aber nicht möglich, eine neue Kanzlei zu erwerben, er übte seinen Beruf als Rechtsanwalt als Untermieter im Haus Bauernmarkt 11 in Wien aus.
Dr. Albert Weinberger verstarb am 5. August 1988 in Wien , seine sterblichen Überreste wurden 1989 nach Israel überstellt.
Obwohl er eine wichtige Position in der jüdischen Gemeinde Graz innehatte in der schwierigen, furchtbaren Zeit nach dem Anschluss und der Pogromnacht, sind kaum Unterlagen zu seiner Person erhalten, auch nicht aus seiner Wiener Zeit.
Recherche und Biografie: Dr. Edda Engelke
Quellen:
[1] WStLA, M.Abt. 208, A36 – Opferfürsorgeakten – Entschädigungen (E): Dr. Albert Weinberger. Schreiben vom 24.4.1958. Aus dem Meldezettel seiner Schwester Jolanda Schlesinger geht hervor, dass ein Optionsdekret vorlag.
[2] Archiv der Karl-Franzens-Universität Graz
[3] Landesarchiv, Grundbucheintag betreffend die Liegenschaft von Dr. Albert Weinberger:
GBIII Frohnleiten, KG Frohnleiten, EZ 286
Kaufvertrag vom 17. November wurde die Liegenschaft an August Pabi verkauft
Kaufvertrag vom 20. März 1933wurde das Eigentumsrecht für Dr. Albert Weinberger einverleibt.
Kaufvertrag vom 21. Jänner 1955 Eigentumsrecht für Franz Spalt jun. einverleibt, 1956 für Wilhelm Drosk
23.Jänner 1942 wird die Zwangsverwaltung dieser Liegenschaft angemerkt. Diese wird im Oktober 1942 gelöscht Kopie bestellt.
[4] WStLA, M.Abt. 208, A36 – Opferfürsorgeakten – Entschädigungen (E): Dr. Albert Weinberger
[5] Barbara Sauer, Ilse Reiter-Zatloukal, Advokaten 1938. Das Schicksal der in den Jahren 1938 bis 1945 verfolgten österreichischen Anwältinnen und anwälte. Manz Verlag, Wien 2010.
[6] WStLA, M.Abt. 208, A36 – Opferfürsorgeakten – Entschädigungen (E): Dr. Albert Weinberger. Schreiben vom 14.12.1974
[7] StLA, LGRz-Graz-RK-26-1956