Walter Weinberger (Moshe Carmiel)

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HIER WOHNTE
WALTER WEINBERGER
(MOSHE CARMIEL)
JG. 1923
FLUCHT 1938
PALÄSTINA(für seine Eltern Martha und Emanuel und den jüngeren Bruder Kurt/Josef wurden bereits Stolpersteine verlegt: Martha und Emanuel Weinberger bzw. Kurt Weinberger – siehe unter diesen Links auch die Familienbiografie.)(siehe auch die Biografien seines Cousins: Gideon Hans Röhr und weitere Familienmitglieder in Leoben)

Verlegung des Stolpersteins für Moshe Carmiel im Beisein seines Sohnes und weiterer Familienmitglieder am 14.8.2023. Foto: Alexander Danner

Verlegung des Stolpersteins für Moshe Carmiel im Beisein seines Sohnes und weiterer Familienmitglieder am 14.8.2023. Foto: Alexander Danner

Walter Weinberger (später Moshe Carmiel) wurde 1923 in Graz geboren als Sohn von Martha und Emanuel Weinberger, die vor dem Ersten Weltkrieg ein Textilwarengeschäft in der Grazer Vorbeckgasse 1 eröffnet hatten. 1927 kam der jüngere Sohn Kurt auf die Welt; beide Söhne besuchten die jüdische Volksschule und später das Oeversee Gymnasium in Graz.

 

Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde das Geschäft der Familie „arisiert“ und die Familie gezwungen, ihre Wohnung in der Mariengasse (heute Hans-Resel-Gasse 18a) zu räumen. Im März 1939 übersiedelte sie nach Wien, und Walter wanderte im Frühling 1939 nach Palästina aus,. Sein Bruder Kurt gelangte mit einem Kindertransport am 20. Dezember 1939 in Haifa.

 

Die Eltern konnten zuerst noch fliehen und versuchten, mit dem sog. „Kladovo-Transport“ über die Donau ins Mittelmeer und nach Palästina zu flüchten. Durch unendliche Verzögerungen des Transports u.a. aufgrund mangelnder Einreisegenehmigungen und zuletzt durch den Überfall auf Jugoslawien scheiterte der jahrelange Fluchtversuch: Emanuel Weinberger wurde 12. Oktober 1941 gemeinsam mit hunderten weiteren Gefangenen als „Sühne“ für einen von Partisanen verübten Überfalls auf Soldaten der Wehrmacht erschossen. Martha Weinberger wurde in ein Konzentrationslager bei Belgrad deportiert und 1942 in einem Gas-LKW ermordet.

 

Walter Weinberger nahm in Israel den Namen Moshe Carmiel an, besuchte eine Landwirtschaftsschule und arbeitet viele Jahre in einem Kibbuz. Im Alter von 25 Jahren heiratete er und wurde zweifacher Vater. Walter Weinberger starb 2008.

Auch Kurt änderte seinen Name: in Josef Carmiel, gründete eine Familie und lebte zuletzt – bis zu seinem Tod am 1.2.2021 – in einem Vorstadt-Seniorenheim bei Beer-Sheva im Süden von Israel.

 

2017 wurde für Kurt Weinberger (Josef Carmiel) ein Stolperstein vor seiner ehemaligen Schule (Oeverseegymnasium) verlegt, 2020 auf Josef Carmiels Initiative die Stolpersteine für seine Eltern in der Vorbeck-, Ecke Annenstraße. Mit dem Gedenkstein für Walter (Moshe) wird die Familie nun vollständig mit Stolpersteinen gewürdigt – auf Initiative von Moshes Sohn Menachem Carmiel.

(Recherche/Text: Daniela Grabe)

Biografie der Eltern:

Emanuel Weinberger Privatarchiv Josef Carmiel

Emanuel Weinberger
Quelle: Privatarchiv Josef Carmiel

 

Emanuel Weinberger eröffnete vor dem Ersten Weltkrieg ein Textilwarengeschäft in der Grazer Vorbeckgasse 1. Im Ersten Weltkrieg war er zwei Jahre lang Frontkämpfer in Südtirol, wo er an der Isonzo-Front verwundet wurde. Nach dem Krieg heiratete er 1922 Martha Weinberger (geborene Wechsberg), die am 2. März 1896 im schlesischen Gescyn (Teschon) geboren wurde. Das Paar bekam zwei Kinder, 1923 wurde der ältere Sohn Walter geboren, 1927 Kurt. Beide Söhne besuchten die jüdische Volksschule und später das Oeversee Gymnasium in Graz.

Die Familien Weinberger und Röhr bei der Bar Mizwa von Walter Weinberger, Privatarchiv Josef Carmiel

Die Familien Weinberger und Röhr bei der Bar Mizwa von Walter Weinberger im September 1936 vor dem Wohnhaus in der Hans-Resel-Gasse 18
Quelle: Privatarchiv Josef Carmiel

 

Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde das Geschäft der Familie arisiert und ein „Kommissar“ eingesetzt, der die Liquidierung einleitete. Ein Teil des Erlöses aus der Zwangsliquidierung der Betriebsstände kam auf ein Sperrkonto als Vorbereitung für die Ausreise nach Palästina. Vor 1938 gab es kaum Bestrebungen das Land in Richtung Palästina zu verlassen, obwohl bereits 1936 ein Anschlag auf das Geschäftslokal verübt wurde. Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurden in Graz zahlreiche Juden verhaftet, unter ihnen auch Emanuel Weinberger. Durch die Hilfe eines befreundeten Polizeibeamten konnte er jedoch über eine Hintertür entkommen.

Nachdem die Familie Ende 1938 gezwungen war, ihre Wohnung in der Mariengasse (heute Hans-Resel-Gasse 18) zu räumen, übersiedelte sie im März 1939 nach Wien, wo sie gemeinsam mit Verwandten zur Untermiete wohnten. Der ältere Sohn Walter flüchtete im Frühling 1939 nach Palästina aus, wo er den Namen Moshe Carmiel annahm. Er besuchte eine Landwirtschaftsschule und arbeitet viele Jahre in einem Kibbuz. Im Alter von 25 Jahren heiratete er und wurde zweifacher Vater. Walter Weinberger starb 2008.

Sein Vater Emanuel floh Mitte 1939 nach Kroatien, wo er nahe Zagreb lebte. Am 30. März 1940 kam er in das Dorf Kladovo. Von dort schrieb er am 7. Mai 1940 einen Brief an seinen Sohn in Haifa. Seine Frau Martha verließ am 20. Juli 1940 Wien über Graz ebenfalls in Richtung Jugoslawien, wo sich das Paar in Kladovo wieder traf. Von dort planten die beiden mit mehr als tausend weiteren ihre Flucht nach Palästina. Doch die Reise wurde aufgrund von organisatorischen Schwierigkeiten im serbischen Šabac unterbrochen, wo sie von Truppen der Wehrmacht eingeholt wurden.
Emanuel Weinberger wurde 12. Oktober 1941 gemeinsam mit hunderten weiteren Gefangenen als sog. „Sühne“ für einen von Partisanen verübten Überfalls auf 21 Soldaten der Wehrmacht erschossen. Martha Weinberger wurde in ein Konzentrationslager bei Belgrad deportiert und 1942 in einem Gas-LKW ermordet.

Martha Weinberger Privatarchiv Josef Carmiel

Martha Weinberger
Quelle: Privatarchiv Josef Carmiel

 

Der jüngere Sohn Kurt landete mit einem Kindertransport am 20. Dezember 1939 in Haifa, wo er bei seiner Tante und seinem Onkel aufgenommen wurde. Kurt Weinberger nahm in Israel den Namen Josef Carmiel an und lebte zuletzt – bis zu seinem Tod am 1.2.2021 –  heute in einem Vorstadt-Seniorenheim bei Beer-Sheva im Süden von Israel.

Im Jahr 2020 initiierte er die Verlegung von Stolpersteinen für seine Eltern Martha und Emanuel Weinberger in der Vorbeckgasse 4/Ecke Annenstraße, an der er auch am 20.10.2020 „digital“ teilnehmen konnte (über Zoom-Meeting und mit Einspielung einer Video-Botschaft von ihm).

Recherche und Biografie: Mag.a Martina Pock, MA

Jüdische Opfer



VERBUNDENE GEDENKSTEINE

Martha Weinberger
Emanuel Weinberger
Kurt Weinberger

Walter Weinberger (Moshe Carmiel)

Vorbeckgasse 4