David Herzog

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Geburt David Herzog: 7. November 1869 in Tyrnau (slowakisch Trnava, ungarisch Nagyszombat)
4. Jänner 1894: Promotion David Herzogs zum Doktor der Philosophie an der Universität Leipzig
Jahr 1901: Habilitation David Herzogs für Semitische Philologie an der Carl-Ferdinand-Universität in Prag
Geburt Robert Herzog: 6. März 1903 in Prag
Geburt Friedrich Herzog: 21. September 1907 in Prag
Februar 1908: Rabbinat für Steiermark, Kärnten und Krain
18. Juni 1929: David Herzog erhält von Bürgermeister Muchitsch den „Bürgerbrief“
Jahr 1931: Abschluss Doktorat Friedrich Herzogs mit Auszeichnung
Jahr 1934: Verleihung des „Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“
21. März 1938: „Hausdurchsuchung“ der Wohnung und Verhaftung von David Herzog bis 26. März
9./10. November 1938: Misshandlungen an David Herzog im Zuge des Novemberpogroms
10. Jänner 1939: Abreise von David und Anna Herzog aus Wien und Emigration nach England
März 1943: Deportation von Robert Herzog  ins Todeslager nach Sobibor bzw. Majdanek
6. März 1946: David Herzog verstirbt in Oxford, England

Am 10. Jänner 1939 verließ Univ.-Prof. Dr. David Herzog, letzter Landesrabbiner von Steiermark und Kärnten, gemeinsam mit seiner Frau Anna und Sohn Friedrich das ehemalige Österreich Richtung England.

Das Ehepaar Herzog hatte bis Ende des Jahres 1938 in Graz, in der Radetzkystraße 8, gelebt. Der ältere Sohn Robert lebte seit den 1930er Jahren in Paris, wo er als Journalist und Buchdrucker arbeitete. In den Sonntagsausgaben der „Grazer Tagespost“ erschienen bis zum Jahr 1935 zahlreiche Feuilletons aus seiner Feder. Er war französischer Staatsbürger geworden und wohnte rund dreihundert Kilometer südlich von Paris. Friedrich Herzog hatte nach seiner Matura am Akademischen Gymnasium in Graz ein Studium der Rechtswissenschaften begonnen, das er an den Universitäten Grenoble, Paris, Wien und Graz absolvierte. Bereits im Juli 1935 wurde er zum Hilfsrichter am Grazer Landesgericht ernannt und wurde danach jüngster Bundesrichter in Österreich. Gleichzeitig war er auch der einzige jüdische Richter der österreichischen Justiz.

David Herzog Quelle: Centrum für jüdische Studien, Universität Graz

David Herzog
Quelle: Centrum für jüdische Studien, Universität Graz

Vater David Herzog stammte aus Tyrnau, bis zum Jahr 1918 ungarisch und danach in der Tschechoslowakei gelegen, wo er am 7. November 1869 geboren wurde. Er war das älteste von acht Kindern des Textilkaufmanns Leopold Herzog und von Cäcilia Herzog, geborene Süß. Drei der Geschwister verstarben allerdings schon im Kindesalter, Bruder Josef Herzog lebte im Jahr 1946 noch in Budapest, Ungarn. Leopold Herzog stammte aus einer jüdisch-orthodoxen Familie und bekannte sich selbst zum liberalen Judentum. Nach seinem Wunsch sollte dem erstgeborenen David Herzog eine Ausbildung als Rabbiner zuteilwerden.

Nach Besuch der jüdischen Volksschule in Tyrnau (1876-1881) und des fürsterzbischöflichen Obergymnasiums (1881-1889) studierte David Herzog ab dem Jahr 1889 Semitische Philologie an der Universität Berlin und absolvierte parallel dazu das Rabbinerseminar. Nach Promotion im Jänner 1894 zum Doktor der Philosophie setzte er seine Studien in Paris und um die Jahrhundertwende in Wien fort. Im Jahr 1901 habilitierte er sich an der deutschen Carl-Ferdinand-Universität in Prag für Semitische Philologie.

Als Rabbiner wirkte er zuerst in Ungarisch-Ostra und in Smichov bei Prag, bevor er im Februar 1908 das Rabbinat für Steiermark, Kärnten und Krain übernahm. Hier folgte er dem verstorbenen Rabbiner Samuel Mühsam, der ab dem Jahr 1877 das Amt bekleidet hatte. Der Übersiedlung nach Graz erfolgte gemeinsam mit seiner jungen Familie, die beiden Kinder waren erst wenige Jahre alt.

Am 25. Jänner 1901 waren David Herzog und Anna Reich vom Oberrabbiner Dr. Güdemann getraut worden. Die beiden hatten sich in Wien kennengerlernt. Ihr Vater war der jüdische Kommerzialrat und Bankdirektor Moritz H. Reich, ihre Mutter Antonia Weinberger. Auch Anna Herzog wurde als älteste von acht Kindern geboren und erhielt an einem Mädchenpensionat die ihrer Herkunft nach entsprechende Ausbildung. Besonders die Fremdsprachen Französisch und Englisch soll sie ausgezeichnet beherrscht haben, außerdem wäre sie als Musikerin eine gute Sopranistin gewesen. In Graz engagierte sie sich im Vorstand des „Jüdischen Frauenvereins“ und initiierte gemeinsam mit zwei weiteren Frauen im Jahr 1909 den „Lesezirkel jüdischer Frauen und Mädchen“. Während des Ersten Weltkrieges verrichtete sie karitative Dienste, beteiligte sich etwa bei der Kleiderverteilung.

David Herzog übte neben seiner Funktion als Landesrabbiner und Herausgeber des „Grazer Israelitischen Gemeindeboten“ auch Lehrtätigkeiten an verschiedenen Grazer Schulen und an der Karl-Franzens-Universität aus. Im Rückblick sollte er die Universitäten und Mittelschulen als „Hauptorte des Antisemitismus“ charakterisieren.

Postkarte mit Grazer Synagoge, erbaut 1892 Quelle: juedischegemeinde-graz.at

Postkarte mit Grazer Synagoge, erbaut 1892
Quelle: juedischegemeinde-graz.at

In den zwanziger und dreißiger Jahren erhielt David Herzog zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen, unter anderem wurde er zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt (1926), erhielt im Juni 1929 den „Bürgerbrief“ von Graz, persönlich überreicht von Bürgermeister Vinzenz Muchitsch, und das „Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ (1934).

Bereits unmittelbar nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Österreich im März 1938 kam es zur Verhaftung von David Herzog, seine Wohnung wurde durchsucht und geplündert. Kurze Zeit später verlor er die Lehrbefugnis auf der Universität. Insgesamt verbrachte er sechs Tage in Gestapohaft, die für ihn eine schwere seelische Prüfung darstellten. Auch sein Sohn Friedrich Herzog verlor seine Anstellung als Untersuchungs- und Strafrichter in Korneuburg, worauf er nach Graz zurückkehrte, um seinen Eltern in Anbetracht der Schikanen und Boshaftigkeiten beizustehen.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 erreichten die Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung ihren bisherigen Höhepunkt. Bewaffnete SA-Truppen zerrten Rabbiner Herzog aus seinem Haus und trieben ihn bis vor den Tempel, der von NS-Schergen angezündet worden war. Danach folgten ein mehrstündiges Martyrium und schwere körperliche Misshandlungen.

Zerstörte Synagoge nach dem 10. November 1938 Quelle: maribor-graz.eu

Zerstörte Synagoge nach dem 10. November 1938
Quelle: maribor-graz.eu

Ende des Jahres 1938 erhielt das Ehepaar Herzog schließlich ein Visum für England, wohin sie über Wien emigrierten. Am Bahnhof erwartete sie Sohn Friedrich. Für David Herzog „ein trauriges Wiedersehen. Wir entwurzelt, er postenlos, verfolgt von der Gestapo“. Am 10. Jänner 1939 erfolgte die Abreise aus Wien Richtung England. Nach zweitätiger Fahrt erreichten sie London, wo sie bis zum Jahr 1941 lebten.

Auch Sohn Friedrich verließ das ehemalige Österreich im Jänner 1939 und emigrierte nach Schweden. Als die Wehrmacht im April 1940 Norwegen überfiel, flüchtete er per Schiff nach New York. Als Teilnehmer eines akademischen Studierendenprogramms hatte er eine Einreisegenehmigung erhalten. Schließlich wurde er der Universität von Iowa zugewiesen, wo er am College of Law in den Jahren 1940-1942 studierte.

Sein Bruder Robert Herzog überlebte die NS-Herrschaft nicht. Nach der Okkupation Frankreichs im Juni 1940 wurde er ins Lager Drancy bei Paris gebracht und drei Jahre später in ein Todeslager im Osten deportiert. Seine letzte Nachricht stammte vom 6. März 1943, kurz bevor Robert Herzog ins Todeslager Sobibor bzw. Majdanek verschleppt wurde.

Das Ehepaar Herzog lebte bis zum Jahr 1941 in London, danach in Oxford, wo David Herzog bis zu seinem Tod im Jahr 1946 als Wissenschaftler tätig war. Nach dem Tod ihres Mannes verließ Anna Herzog England und zog zu Sohn Friedrich. Sie verstarb in Chicago am 11. August 1964.

Todesanzeige David Herzogs im Jahr 1946

Todesanzeige David Herzogs im Jahr 1946

Sohn Fred (Friedrich) hatte in den USA eine zweite juristische Karriere als Chefredakteur einer Fachzeitschrift und als Rechtsanwalt begonnen. Seit dem Jahr 1947 wirkte er am Chicago-Kent College of Law, wo er im Jahre 1983 auch emeritierte.

Im Jahr 1990 wurde er noch einmal interimistisch als Dekan an die Universität zurückgerufen. Nach langer akademischer Karriere verstarb er am 21. März 2008 im „Swedish Covenant Hospital in Chicago” mit 100 Jahren. Er hinterließ seine Söhne David und Stephen, sowie vier Enkel.

Die neue Synagoge wurde am 9. November 2000 eröffnet Foto: Willard, Wikimedia Commons

Die neue Synagoge wurde am 9. November 2000 eröffnet
Foto: Willard, Wikimedia Commons

Jüdische Opfer



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Radetzkystraße 8