ARTUR LICHTENSTEIN
JG. 1925
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1939 WIEN
DEPORTIERT 1942
MALY TROSTINEC
ERMORDET 4.9.1942
David und Ella Lichtenstein gehörten mit ihren Kindern zu den rund 400 jüdischen Familien, die vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Großraum Graz lebten. Sie waren Teil der „Großfamilie Lichtenstein“, die nach der Jahrhundertwende (ab 1900) aus Galizien bzw. dem schweizerischen St. Gallen nach Graz zog. Ausgehend von den „Stammeltern“ Monish Lichtenstein (geb. 1833 in Boryslav) und seiner Frau Malka Lichtenstein, geb. Barings (1837 in Boryslav) wanderten nach und nach zumindest neun der vierzehn Kinder des Paares bzw. deren Nachkommen in die steirische Landeshauptstadt ein. Sie bildeten in Graz einen Familienverband von gut drei Dutzend Personen, deren Mitglieder ein integraler Bestandteil des religiösen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens der Region waren.[1] Mit der im März 1938 einsetzenden, extensiven Verfolgung der jüdischen Bevölkerung Österreichs versuchte auch die Familie Lichtenstein verzweifelt, Auswanderungsmöglichkeiten zu finden, was spätestens nach den Novemberpogromen in verzweifelte Flucht ausartete. Das Schicksal von David und Ella Lichtenstein und ihren Kindern Artur, Norbert und Herta zählt leider zu den traurigsten und dramatischsten Kapiteln der Familiengeschichte.
Die Ursprünge der Familie Lichtenstein in Galizien
David Lichtenstein wurde am 15. Februar 1895 in Zawadów als Sohn von Aron (Zorn) und Et(t)el Lichtenstein (geb. 1854) geboren.[2] Das kleine Dorf Zawadów im Verwaltungsbezirk Stryj lag nur wenige Kilometer südöstlich von Boryslav und der Stadt Drohobyczim im damaligen habsburgischen Kronland Galizien und Lodomerien.[3]
Die jüdische Bevölkerung Galiziens rund um die Region Drohobycz erlebte im Laufe der Geschichte viele Auf- und Abschwünge, letztere endeten schließlich tragisch im Holocaust. Im 13./14. Jahrhundert, nach der Angliederung der Region an das polnische Königreich, wanderten vor allem deutsche Jüdinnen und Juden mit ihren Bräuchen und ihrer Sprache, dem Jiddischen, ein. Dank des Salz-, Vieh- und Textilhandels erlebten die jüdischen Gemeinden rund um Drohobyczim im 18. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Aufschwung. Hier wurde die größte Synagoge Galiziens errichtet, und der aufblühenden jüdischen Gemeinde waren bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sechsundachtzig Dörfer oder Schtetlechs, angegliedert.[4]
Nach der Besetzung und Eingliederung Galiziens in das habsburgische Kaiserreich erlangte Boryslav in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitreichende Bekanntheit als bedeutendes Zentrum der Erdölförderung und der damit verbundenen Fördertechnik.[5] In den 1860er-Jahren noch als kleines Dorf mit kaum 400 Einwohnern, lebten um die Jahrhundertwende bereits 12.000 Menschen direkt oder indirekt von der Erdölförderung. Tausende zunächst händisch gegrabene Schächte wurden hier ab 1865 ‒ erstmals weltweit ‒ durch Bohrtürme abgelöst. Das gewonnene Rohöl und Ozokerit/Erdwachs wurde per Bahn nach Wien transportiert und hauptsächlich zu Leuchtpetroleum weiterverarbeitet. Im Jahr 1909 erreichte die Produktion auf den galizischen Feldern einen Höchststand von 1.920.000 Tonnen Erdöl, das rund 5% der weltweiten Produktion entsprach. Damit war Österreich-Ungarn, nach den USA und Russland, der drittgrößte Ölproduzent der Welt.[6]
Das Leben auf den galizischen Ölfeldern während dieser Zeit wird als rau und wenig erstrebenswert beschrieben. Das Land war übersät mit Bohrtürmen, zwischen denen schmutziges, ölverseuchtes Bohrwasser floss. Die Luft stank nach Rohöl und Paraffin, und die Straßen waren nicht asphaltiert. Die Holzhäuser, vielfach unter Straßenniveau versunken, standen dicht beieinander und liefen stetig Gefahr, den häufigen Bränden zum Opfer zu fallen, die von den leicht entflammbaren Ölpfützen der Stadt ausgingen.[7]
Die meisten Jüdinnen und Juden in Borysłav (1910: 12.767 Einwohner, davon 45,1% bzw. 5.753 Einwohner jüdischen Glaubens)[8] waren von der dort ansässigen Erdöl- und Ozokeritindustrie abhängig, und bestritten direkt oder indirekt davon ihren Lebensunterhalt. Die Ölarbeiter, von denen die meisten auf Tagessatzbasis beschäftigt waren, waren unzumutbaren Arbeitsbedingungen ausgesetzt, und selbst die einfachsten Sicherheitsmaßnahmen, wie z.B. das Tragen von Atemschutzmasken waren schwer bzw. überhaupt nicht durchsetzbar. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kauften schließlich österreichische und ausländische Unternehmen die zahlreichen kleinen, sich in jüdischem Besitz befindlichen Ozokerit- und Ölunternehmen auf.
Die neuen Eigentümer begannen die jüdischen Arbeiter, die seit Jahrzehnten von der Ölindustrie abhängig waren, von ihrer Tätigkeit auszuschließen, was rasch zu einer Wirtschaftskrise in der jüdischen Gemeinde führte. Zu dieser Zeit sank auch die Zahl der jüdischen Bevölkerung, da viele Jüdinnen und Juden, nach Argentinien, Palästina, oder Nordamerika, auswanderden. Ihre sich zuspitzende Notlage wurde auch auf dem Zionistischen Weltkongress 1897 in Basel (Schweiz) thematisiert, wo 765 Familien in Form von Briefen den Wunsch äußerten, nach Palästina auszuwandern, um ihrer verzweifelten wirtschaftlichen Lage entkommen zu können.[9]
Die Familie Lichtenstein war bereits vor dem einsetzenden Ölboom in Boryslav ansässig. Um die Jahrhundertwende beschlossen einige der insgesamt vierzehn Kinder von Monish Lichtenstein (geb. 1833 in Borislav) und seiner Frau Malka Lichtenstein, geb. Barings (1837 in Boryslav) auszuwandern. Ein Teil der Familie ließ sich zunächst in St. Gallen (Schweiz) nieder. Osias Lichtenstein, der zweitjüngste Sohn von Monich und Malka, dürfte der erste der Familie gewesen sein, der sich mit seiner Frau Sofia im Jahre 1900 in Graz niederließ. Mindestens acht weitere Kinder von Monich und Malka Lichtenstein (oder deren Nachfahren) folgten ihnen in den nächsten Jahrzehnten nach Graz.[10]
Die Familie David und Ella Lichtenstein in Graz
Über die Gründe für die Übersiedlung der Familie Lichtenstein von Galizien nach Graz kann man nur spekulieren. Das Europa des 19. und 20. Jahrhunderts war von zahlreichen kleineren und größeren Migrationsbewegungen geprägt. Auch Graz, insbesondere die demographische und sozioökonomische Struktur, veränderte sich durch Wanderungsbewegungen stetig und ging mit dem Wachstum der Stadt einher. Vor dem Ersten Weltkrieg war ein großer Teil der städtischen Bevölkerung nicht in Graz geboren und viele von ihnen lebten erst seit einigen wenigen Jahren in Graz.[11] Unter diesen Zuwanderern befanden sich überproportional viele Jüdinnen und Juden aus allen Teilen der Habsburgermonarchie. Das europäische Diaspora-Judentum weist von jeher eine transterritoriale Grundtendenz und hohe Mobilität auf. Im Zuge der allgemeinen Entwicklung um die Jahrhundertwende und der zunehmenden Urbanisierung verließen viele Menschen ihre Heimatgemeinden und zogen in die Städte, die sie mit besseren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Möglichkeiten und Anreizen lockten.[12]
Zumindest vier der fünf Kinder von A(h)ron (Zorn) und Et(t)el Lichtenstein ließen sich vor Beginn des Ersten Weltkriegs in Graz nieder.[13] Sie waren entweder direkt aus Galizien, oder, nach einem mehrjährigen Zwischenaufenthalt in St. Gallen (Schweiz), in die steirische Landeshauptstadt gekommen. Zwischen 1904 und 1906 zog die älteste Tochter des Paares Mechcle Lichtenstein (geb. 28.9.1882 in Zawadów) mit ihrem Mann (Moses Melech) Max Lichtenstein (geb. 19.9.1877 in Snyatinka bei Drohobycz) von St. Gallen nach Graz.[14] Ihr folgten ihre Schwestern Fanny Lichtenstein, die Heinrich Spitzer heiratete, sowie Rosa Lichtenstein, die mit ihrem Mann Mosche (Moritz) Schwarz ebenfalls eine eigene Familie in Graz gründete.[15]
Auch David Lichtenstein beschloss 1910 als 15-Jähriger, sein Glück in Graz zu versuchen – der Stadt, in der bereits seine drei Schwestern, mehrere Onkel, Tanten und Cousinen lebten.
Er war ab 15. August 1910 in Graz gemeldet.[16] Bis 1915 arbeitete David Lichtenstein als Sattlergehilfe und/oder absolvierte wahrscheinlich eine Sattlerlehre. Während des Ersten Weltkrieges wurde er eingezogen und leistete zwischen 1915 und 1918 drei Jahre lang Militärdienst. Nach Kriegsende kehrte er nach Graz zurück und arbeitete wieder als Sattler und Taschner.
Am 29. Oktober 1922 heirateten David Lichtenstein und Ella (Hynde Dwojre) Bergstein (geb. 16.6.1895).[17] Ellas Familie stammte ebenfalls aus Galizien. Sie wurde in Bolzowce, einem kleinen Dorf im Verwaltungsbezirk Rohatyn, geboren.[18] Ihre Eltern waren Bernhard und Berta Bergstein (geb. Glanzberg). Die erste in Graz dokumentierte Wohnadresse des jungen Paares war in der Wielandgasse 10. Hier kam auch der erste Sohn namens Artur Lichtenstein am 3. Juli 1924 auf die Welt. Er starb jedoch noch in der ersten Woche nach der Geburt.
Als knapp ein Jahr später, am 12. Juni 1925, ein weiterer Sohn geboren wurde, nannten ihn David und Ella Lichtenstein wieder Artur.
Die junge Familie zog in die Mariengasse 3 (Stiege 1, I. Stock, Tür 14a) und war an dieser Adresse ab 11. Jänner 1926 gemeldet. Zwei Jahre später, im Mai 1928, übersiedelten sie in eine neue Wohnung im II. Stock (Stiege 2, Tür 21) an derselben Adresse.[19] Hier wurde am 4. Januar 1929 ihre erste Tochter Anna Lichtenstein geboren. Norbert Lichtenstein, deren zweites Kind, kam am 13. März 1931 zur Welt, eine weitere Tochter, Herta, am 4. Juli 1934. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch Anna Lichtenstein, die Erstgeborene allerdings nicht mehr am Leben. Sie starb am 12.9.1932 in ihrem vierten Lebensjahr.[20]
Die oben angeführten Daten und Fakten lassen sich weitgehend nur aus den Meldedaten der Stadt Graz ableiten. Sie geben jedoch keine Auskunft über die weiteren Lebensumstände der Familie David und Ella Lichtenstein. In den Aufzeichnungen aus der öffentlichen Verwaltungstätigkeit sind leider keine weiteren Informationen zu finden. Ein Grund dafür war sicherlich die wirtschaftliche Situation der Familie. Als unselbständig Beschäftigte, ohne eigenen Grund- und Immobilienbesitz scheinen David und Ella Lichtenstein nicht in den Grundbüchern oder Gewerbeakten und damit später auch nicht in den sogenannten „Arisierungsakten“ und Restitutionsunterlagen auf.
Auch hatten sie vor 1938 keinen Antrag auf Aufnahme in den Grazer Gemeindeverband gestellt. Die Bestimmungen über das Aufenthaltsrecht sahen zwar vor, dass dieses durch sogenannte „Ersitzung“ erlangt werden konnte. Voraussetzung dafür war ein freiwilliger, zumindest zehnjähriger Aufenthalt, ohne eine etwaige Inanspruchnahme der öffentlichen Armenversorgung. Das auf einen Antrag folgende Verwaltungsverfahren war jedoch meist langwierig und selbst in positiv beschiedenen Fällen mit einer hohen „Aufnahmegebühr“ verbunden. Lediglich eine Petition von David Lichtenstein an den NS-Reichskommissar Bürckel und ein Brief von Ella Lichtenstein aus dem Jahr 1939 geben Auskunft über die Familienverhältnisse:
„S.g. Herrn Reichskommissar Bürckel in Wien.
Endesgefertigter David Lichtenstein erlaubt sich an den Herrn Reichskommissar mit der Bitte heranzutreten, meinen Aufenthalt in Graz weiter zu bewilligen und begründe ich meine Bitte mit Folgendem:
Ich bin seit 1910 in Graz, weder polizeilich noch gerichtlich bestraft und habe ich als Sattlergehilfe bis 1915 gearbeitet, nachher habe ich 3 Jahre Militärdienst geleistet und war dann in meinem Beruf bis 1925 tätig. Dass sie sehen Herr Reichskommissar habe ich dann bei meinem Bruder als Geschäftsdiener bis zur Enthebung gearbeitet. Ich erlaube mir daher meine Bitte nochmals zu wiederholen und führe an, dass ich eine Familie mit 3 Kindern habe, im Alter von 3-12 Jahren und nachdem ich staatenlos bin, weiß ich momentan nicht [wohin]. Außerdem bin ich seit 3 Monaten schwer krank.
In der Erwartung, eine günstige Antwort zu erhalten, zeichnet hochachtungsvoll
David Lichtenstein.“[21]
David Lichtensteins Petition wurde mit einem in rot geschriebenen und zweifach unterstrichenem „Jude“ gekennzeichnet und blieb unbeantwortet. Ella Lichtenstein schrieb am 11. Mai 1939, nachdem ihre Kinder Norbert und Herta nach Schweden geschickt worden waren, einen Brief an eine schwedische Kontaktperson, in dem sie ebenfalls die Situation der Familie beschrieb:
„Da mein Mann von Beruf gelernter Sattler ist und durch die langjährige Krise musste mein Mann anderen Verdienstmöglichkeiten nachgehen. Und der Verdienst für eine fünfköpfige Familie war zu wenig, um die Kinder was Besseres zu bieten. Der Verdienst wurde dann schlechter, da war mein Mann gezwungen in einer großen Kleiderfabrik vor zirka sechs Jahren von früh bis späht in der Nacht um eine Bagatelle zu arbeiten. Der Verdienst wäre für zwei Personen gering, aber für fünf Personen war da zu wenig. Trotz aller Bemühungen meines Mannes einen besseren Verdienst zu bekommen scheiterte wegen der großen Krisis und Arbeitslosigkeit. Da war mein Mann gezwungen um nicht arbeitslos zu werden in der Kleiderfabrik zu bleiben. Und blieb dort bis zum Umbruch. Da mein Mann als Jude nicht mehr dortbleiben konnte. Und seit der Zeit ist mein Mann ohne Posten. Jetzt müssen wir nur von der Unterstützung leben, die man in Graz bekommt, die auch sehr wenig ist. Trotzdem in dem Beruf meines Mannesals Sattler und Tapezierer genug Arbeit vorhanden wäre, so kann mein Mann als Jude keine Arbeit annehmen. Wir möchten gerne auswandern aber wohin.“[22]
Die triste ökonomische Situation der Familie Lichtenstein war im Graz der Zwischenkriegszeit nichts Außergewöhnliches. Vor allem mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 explodierte die Arbeitslosigkeit förmlich quer durch alle Branchen, und führte in den 1930er-Jahren zu einer schleichenden Verarmung der Stadtbevölkerung. Vor allem der Zusammenbruch der „Credit-Anstalt“ und der anschließende Versuch der Regierung, die österreichische Wirtschaft zu stabilisieren, brachte die steirischen Betriebe in eine Notlage, die sich in Entlassungswellen manifestierte. Allein in Graz waren im Jänner 1933 durchschnittlich 13.400 Personen als arbeitslos gemeldet. Hilfsmaßnahmen wie Armenfürsorge, Kohlenzuteilungen und Volksspeisungen versuchten, die Not ein wenig zu lindern. Es ist daher nicht verwunderlich, dass David Lichtenstein keine bessere Beschäftigung finden konnte.[23]
Die Entrechtung der jüdischen Bevölkerung
Obwohl Judenfeindlichkeit und Antisemitismus in Graz nach dem Ersten Weltkrieg ständig präsent waren und in verschiedenen Formen in Politik und Gesellschaft auftraten, war die Emigration der Grazer Juden vor 1938 kein Massenphänomen.[24] Der März 1938 stellt in dieser Hinsicht sicherlich eine Zäsur dar. Das Bild von Graz als „Stadt der Volkserhebung“ verdichtete sich aber bereits vor dem 12. März 1938, als die Nationalsozialisten zu Demonstrationen aufriefen und ihre antisemitischen Parolen demonstrativ lautstark von sich gaben sowie den Tagesbetrieb der jüdischen Geschäfte störten.[25] Nach dem „Anschluss“ begannen die Nationalsozialisten mit der systematischen Entrechtung der jüdischen Bevölkerung. Bis Mitte März kam es zu einer Vielzahl an Einschränkungen und Berufsverboten, ein Umstand, der schließlich ein wirtschaftliches, öffentliches oder religiöses Leben in Österreich und Graz unmöglich machte.[26]
Mit der „Verordnung über die Anmeldung der Vermögen von Juden“ vom 26. April 1938 erfolgte ein weiterer Schritt in Richtung organisierte Beraubung und gezielte Vertreibung. Als Folge davon wurde jede Erwerbstätigkeit verhindert, Mietrechte entzogen, Wohnungen beschlagnahmt und Betriebe „arisiert“. Zur Überwachung und Durchführung dieser Enteignungen wurde schließlich im Mai 1938 eine „Vermögensverkehrsstelle“ eingerichtet.
Auch in Graz verordneten und beschlossen die NS-Machthaber Ausgangssperren für die jüdische Bevölkerung; damit einhergehend erfolgten zunehmende Zutrittsbeschränkungen für Juden in Geschäften, Kaffeehäusern, Kinos und Parks. Für die Familie Lichtenstein kam es aber nicht nur zu Einschränkungen der individuellen Bewegungsfreiheit. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte auch Folgen für ihre Schulkinder Artur und Norbert Lichtenstein. Ab Herbst 1938 durfte kein Schüler jüdischen Glaubens mehr eine öffentliche Schule besuchen. Für sie wurden zunächst „Sonderklassen“ eingerichtet. Nach der Zerstörung der Grazer Synagoge wurden diese Klassen jedoch wieder aufgelöst.[27]
Die Pogromnacht vom 9. auf 10. November 1938 markierte eine weitere Zäsur in der Verfolgungsgeschichte der jüdischen Bevölkerung in Graz. Neben der Zerstörung der Synagoge und der Zeremonienhalle, den schweren körperlichen Übergriffen, ein Umstand der bis zu diesem Zeitpunkt für Graz eher untypisch war, begannen nun Massenverhaftungen. Bis dahin hatten sich die Verhaftungen auf das Polizeigefängnis in der Paulustorgasse beschränkt. Von der Verhaftungswelle am 10. November waren nun aber fast alle männlichen Juden betroffen.
Die Transportfähigen unter ihnen, etwa 350 Juden aus Graz und Umgebung, wurden in das KZ Dachau deportiert.[28] Es gibt keinen Hinweis darauf, dass David Lichtenstein ebenfalls nach Dachau deportiert wurde. Eine mögliche Erklärung dafür könnte Lichtensteins Petition an den damaligen Reichskommissar Bürckel vom 31. Oktober 1938 gewesen sein. Darin gibt David Lichtenstein an, dass er seit einiger Zeit schwer erkrankt sei, was seine Transportfähigkeit in Frage stellte.
David Lichtensteins Schwager Heinrich Spitzer hingegen, der mit seiner Frau Fanny in der Gabelbergerstraße 4 in Graz wohnte, und ein Lebensmittelgeschäft betrieb, wurde nach Dachau deportiert. Nur knapp drei Wochen nach seiner Ankunft in das KZ Dachau wurde Heinrich Spitzer am 2. Dezember 1938 ermordet.[29]
Die Suche nach Fluchtmöglichkeiten
Vor 1938 hatte die jüdische Emigration aus Österreich noch nicht den Charakter einer Flucht. Die Hauptmotive für die Auswanderung vor 1938 waren hauptsächlich die enge Beziehung zum Zionismus, politische Gründe (Kommunisten und Sozialisten wurden politisch verfolgt) und latenter Antisemitismus. Auf den „Anschluss“ Österreichs im März 1938 folgte eine Zeit, in der die jüdische Bevölkerung aus dem öffentlichen und wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen wurde. Mit Zwang und Erpressung sollte erreicht werden, dass die Jüdinnen und Juden nach einer möglichst vollständigen Beraubung durch die Nationalsozialisten das Land so schnell wie möglich verließen.
Teile der „Großfamilie Lichtenstein“ erkannten relativ früh, dass sie in Graz keine Zukunft mehr hatten. So verließen schon mehrere Cousinen und Cousins von David Lichtenstein mit ihren Familien unmittelbar vor bzw. kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 das Land.[30] David Lichtenstein kam erst im Alter von 15 Jahren nach Graz, auch seine Frau stammte aus Galizien. Sie gehörten zu den vielen Jüdinnen und Juden aus den heutigen polnischen Gebieten, die nie die österreichische Staatsbürgerschaft erhielten. Diese Gruppe gehörte zu den ersten, die ausgewiesen wurden – ohne Rücksicht auf Einwanderungsmöglichkeiten in andere Länder. Ihnen wurde, als Nicht-Staatsbürger*innen, eine Frist gesetzt, Österreich zu verlassen. Bereits im März 1938 flohen rund 5.000 Jüdinnen und Juden mit gültigen polnischen Reisedokumenten aus Österreich über die Tschechoslowakei nach Polen. Vor diesem Hintergrund erließ das polnische Parlament noch im März 1938 eine Revision des polnischen Staatsbürgerschaftsgesetzes, wodurch die im Ausland lebenden polnischen Bürger*innen, da sie sich angeblich dem Heimatland entfremdet hätten, denaturalisiert wurden.[31] David und Ella Lichtenstein galten als staatenlos. Graz, die „Stadt der Volkserhebung“ sollte laut nationalsozialistischer Diktion ehestmöglich als „judenrein“ gelten.[32] Vor diesem Hintergrund ist auch die verzweifelte Eingabe David Lichtensteins an Reichskommissar Bürckel zu verstehen.
Nach dem Novemberpogrom wurde allen klar, dass eine Auswanderung unumgänglich war, und, dass keinerlei Rücksicht auf die „Überlebensfähigkeit“ der Ausgewiesenen und ihr weiteres Schicksal genommen wurde. Es begann eine verzweifelte Suche nach Fluchtmöglichkeiten. Die Grazer Jüdische Gemeinde und ihre Funktionäre versuchten zunächst, die nach Dachau deportierten Männer durch Vorlage von Ausreisepapieren und die Zusicherung einer rechtzeitigen Ausreise aus Österreich, freizubekommen.[33] Im Sommer 1938 waren die Möglichkeiten der Ausreise in andere Länder bereits stark eingeschränkt, da nur wenige Staaten bereit waren, Jüdinnen und Juden aufzunehmen. Die ersten Zielländer für Flüchtlinge waren oft die Nachbarstaaten Österreichs (Schweiz, Ungarn, Jugoslawien, Italien), die jedoch in der Regel nur Transitgenehmigungen erteilten. Während einige Staaten mittellosen Flüchtlingen die Einreise gänzlich verweigerten, nahmen die meisten Überseeländer fast ausschließlich nur die bestqualifizierten Handwerker und Arbeiter auf. Ausnahmen gab es nur für jene Jüdinnen und Juden, die von bereits im Auswanderungsland lebenden Verwandten beantragt wurden und/oder die über ausreichend Kapital verfügten.[34]
Zwischen März und Anfang November 1938 hatten bereits über 400 der knapp 1.800 Jüdinnen und Juden der Grazer Kultusgemeinde Österreich verlassen. Doch gerade die Aufnahme ganzer Familien wurde von den Zielländern häufig nicht akzeptiert. In dieser Notsituation versuchten jüdische Familien zunächst ihre Kinder in ein sicheres Ausreiseland zu bringen, um ihnen eventuell auf anderen Wegen zu folgen.[35]
Mehrere Initiativen versuchten den Transport jüdischer Kinder ins sichere Ausland zu organisieren. Doch erst unter dem Eindruck der Novemberpogrome entschlossen sich mehrere Staaten, darunter Großbritannien und Schweden, eine gewisse Anzahl von Kindern ins Land zu lassen. Während Großbritannien bis zu 5.000 jüdische Kinder unter strengen Auflagen aufnehmen wollte, erlaubte die schwedische Regierung zunächst nur 60 Kindern die Einreise. Diese Quote wurde später auf 500 erhöht. Eine Bedingung für die Einreiseerlaubnis waren jedoch Garantien, die für die Unterbringung der Kinder übernommen werden mussten. Kinder, deren Väter in Konzentrationslagern deportiert gewesen waren oder aus staatenlosen Familien stammten, sollten bevorzugt aufgenommen werden. Die verschiedenen Initiativen, mit denen die Kindertransporte und Garantien organisiert wurden, unterstützten jedoch nur bestimmte Altersgruppen.[36]
Mehrere jüdische Kinder aus Graz konnten Österreich mit diesen Kindertransporten, die ab Dezember 1938 (vor allem nach Großbritannien) durchgeführt wurden, verlassen. Für die Kinder, die im Frühjahr 1939 von Graz nach Schweden geschickt wurden, wurde das Alter, mit dem man sich für diesen Transport qualifizieren konnte, auf maximal 12 Jahre festgelegt.[37]
David und Ella Lichtenstein konnten mit diesem Kindertransport ihre beiden jüngsten Kinder Norbert und Herta in Sicherheit bringen. Gemeinsam mit Norbert und Herta verließ auch der 9-jährige Max Fischler, Sohn von David Lichtensteins Cousine Rosa Fischler, Ende April 1939 Graz in Richtung Schweden.[38] Für den noch 13-jährigen Sohn Artur Lichtenstein musste hingegen ein anderer Weg gefunden werden, das Land zu verlassen.
Ab dem Frühjahr 1939 war es für Jüdinnen und Juden meist nur mehr möglich, Österreich „illegal“ oder mittels Einreisegenehmigungen der britischen Mandatsmacht in Palästina zu verlassen.[39] Diese Einwanderungszertifikate wurden jedoch nur in sehr beschränktem Ausmaß zur Verfügung gestellt. Für Personen ohne ausreichend Kapital kamen vor allen sogenannte „Arbeiter-Zertifikate“ zur Anwendung. Bevorzugt wurden Landwirte, gut ausgebildete Handwerker im Alter von 18 bis 35 Jahren (in Ausnahmefällen bis 45). Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren hatten darüber hinaus noch die Möglichkeit, mittels eines „Schüler- und Studentenzertifikats“ die Einreise zu beantragen.[40] Eine weitere Möglichkeit für jüdische Kinder und Jugendliche, nach Palästina zu kommen, war die Jugend-Aliyah.[41] Dieser im Frühjahr 1933 in Deutschland gegründete Zusammenschluss mehrerer Organisationen hatte das Ziel, 14- bis 17-jährige jüdische Jugendliche nach Palästina zu vermitteln. Die Ausweitung der Jugend-Aliyah auf Österreich erfolgte im Mai 1938, und bis Ende September war es gelungen, rund 400 Jugendlichen, nach einer obligatorischen Ausbildung, erfolgreich Palästina-Zertifikate zu vermitteln.[42]
David und Ella Lichtenstein waren bereits Ende Februar 1939 aus ihrer Wohnung in der Mariengasse 3 verwiesen worden. Nach einer kurzen Zwischenstation in der Lagergasse 27b konnten sie sich noch in der Vorbeckgasse 12 anmelden. Hier wurden David und Ella Lichtenstein als „Staatenlose“ von den Nationalsozialisten in Graz am 23. Mai 1939 ausgewiesen und mussten bis 10. Juni 1939 das Deutsche Reich verlassen.[43] Mit einer letzten Postkarte aus Graz vom 2.6.1939 an seine Kinder in Schweden teilt ihnen David Lichtenstein mit, dass er und seine Frau plötzlich abreisen müssen, er aber noch nicht sagen kann, wohin.[44] David und Ella Lichtenstein wurden am 2. Juni 1939 in Graz verhaftet und nur mit ihren Sachen, die sie am Körper trugen, über die Grenze (vermutlich in Richtung Tschechoslowakei) abgeschoben. Ein Brief von Rosa Schwarz und Regina Lichtenstein, Davids beiden Schwestern aus Graz, vom 10.6.1939 an Norbert Lichtenstein in Schweden, gibt Auskunft über die weiteren Pläne der Eltern. So erfährt Norbert, dass seine Eltern versuchen würden, nach Polen zu kommen. Artur Lichtenstein musste derweilen von seinen Eltern in einem jüdischen Waisenhaus im 19. Wiener Gemeindebezirk zurückgelassen werden.[45]
Artur Lichtenstein war nicht der einzige Jugendliche, der in Graz und in Österreich zurückgelassen werden musste. Vor allem für 13-jährige Jüdinnen und Juden standen keine geeigneten Fluchtmöglichkeiten zur Verfügung. Einige fanden Unterschlupf bei Verwandten, andere mussten in jüdische Kinderheime nach Wien übersiedelt werden. Hier konnten sie zumindest darauf hoffen, möglichst bald die Ausbildung für die Jugend-Aliyah absolvieren zu dürfen. Eine weitere Möglichkeit, Österreich zu verlassen, war der Erhalt eines „Anforderungs-Zertifikats“ aus Palästina.[46]
Der Leidensweg der Familie David und Ella Lichtenstein
David und Ella Lichtenstein versuchten, zu Fuß die polnische Grenze zu erreichen. Norbert und Herta befanden sich in Schweden in Sicherheit. Weitere Mitglieder der Familie Lichtenstein verließen Graz und flohen ins Ausland. So flüchtete Davids Schwester Mechcle mit ihrem Mann Max zunächst nach St. Gallen in die Schweiz, wo sie zuvor mehrere Jahre gelebt hatten.[47]
All jene aber, die weder aus eigenen Mitteln noch durch die Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) auswandern konnten, wurden zunächst in Grazer Sammelunterkünfte gebracht und danach nach Wien zwangsumgesiedelt. Im September 1939 befanden sich in Wien bereits knapp 500 Grazer Jüdinnen und Juden in Wiener Sammelwohnungen.[48]
Zu den Zwangsumgesiedelten gehörten auch Davids Schwester Rosa Schwarz und ihr Sohn Robert Schwarz. Robert Schwarz (geb. 25.4.1926) war, wie Artur Lichtenstein auch, erst 13 Jahre alt und konnte sich ebenfalls nicht für eine organisierte „Fluchtmöglichkeit“ qualifizieren. Ende Februar 1940 wurden in Wien noch 1.520 jüdische Jugendliche gezählt, die zwischen 1923 und 1926 geboren worden waren.[49]
Bis Anfang 1941 gelang es David und Ella Lichtenstein, mit ihren Kindern in Schweden in Kontakt zu bleiben und ihnen Briefe zu schicken. Aus diesen lässt sich auch ihr weiterer Leidensweg nach ihrer Ausweisung aus Graz rekonstruieren. Sie wurden von drei Kriminalbeamten über die deutsche Grenze geschoben. Nach einer fast achtwöchigen Flucht zu Fuß gelang es ihnen schließlich, Ende Juli 1939 bei strömenden Regen und nach mehreren Versuchen, die deutsch-polnische Grenze bei Zbąszyń zu überqueren. Während dieser Wochen hatten sie unter freiem Himmel geschlafen und mussten oft tagelang hungern, bis sie von wohltätigen Bauern etwas zu essen bekamen.
David Lichtenstein erkrankte nach seiner Flucht nach Polen schwer und war über mehrere Wochen hinweg bettlägerig.[50]
Ende August 1939 verließen David und Ella ihren ersten Zufluchtsort in Richtung Krakau.[51] Nach dem deutschen Angriff auf Polen flohen sie weiter Richtung Osten. Sie blieben einige Monate in Stanislau (Ukraine), bevor sie in den Kaukasus gebracht wurden. Hier arbeiteten die beiden auf Plantagen (als Erntehelfer für Tee, Mandarinen). David Lichtenstein war häufig krank und sie hatten kaum etwas zum Anziehen. In ihren Briefen nach Schweden beschreiben sie ihr hartes Leben und fragen immer wieder nach Artur, von dem sie keine Nachrichten mehr erhalten haben.[52]
Rosa Schwarz und ihr Sohn Robert wurden im Sommer 1939 von Graz nach Wien zwangsumgesiedelt. Ihre letzte Wohnadresse in Wien lautete Lichtenauergasse 9. Von hier wurden sie am 17. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.[53]
Artur Lichtenstein wurde nach der Schließung des Waisenhauses in der Bauernfeldgasse im November 1940 vermutlich in der Tempelgasse (Mohapelgasse) 3 untergebracht. Hier wurde in den Räumlichkeiten des jüdischen Kindergartens ein Jugendheim für jüdische Knaben gegründet, da das als Waisenhaus umfunktionierte jüdische Lehrlingsheim in der Grünentorgasse bereits überfüllt war. Die Deportation Artur Lichtensteins erfolgte, wie auch jene der Großteil der Kinder des Jugendheimes, in den darauf folgenden Monaten.
Nachdem die erste Phase der Deportationen nach Minsk im November 1941 ihren Abschluss gefunden hatte, trafen zwischen Mai und Oktober 1942 insgesamt 16 Züge mit mehr als 15.000 Menschen aus Wien, Königsberg, Theresienstadt und Köln in Minsk ein.
Entsprechend einer Anordnung des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD Reinhard Heydrich wurden die Deportationsopfer sofort nach ihrer Ankunft ermordet. Als Exekutionsstätte diente ein Kiefernwäldchen in einigen Kilometern Entfernung vom Gut Maly Trostinec, einer ehemaligen Kolchose. Artur Lichtenstein wurde am 31. August 1942 deportiert. Sein Sterbedatum in Maly Trostinec wird mit 4. September 1942 vermutet.[54]
Norbert und Herta Lichtenstein wuchsen in Schweden getrennt in christlichen Pflegefamilien auf. Nach dem Krieg erhielten sie vom Roten Kreuz die Nachricht, dass ihre Eltern im Jahre 1942 im Kaukasus verstorben seien. Die genauen Umstände konnten bis heute nicht eruiert werden.
Recherche und Biografie: Heribert Macher-Kroisenbrunner MA
Quellen:
[1] Der Verein für Gedenkkultur Graz konnte bereits für mehrere Familienmitglieder der Familie Lichtenstein Stolpersteine verlegen.
[2] Die Geburtsdaten, Adressen und Schreibweise der Namen stammen aus verschiedenen Quellen: historische Meldedaten, Gewerbeakten, Restitutionsverfahren, Matriken, verschiedenen Ansuchen und Eingaben sowie aus der Übermittlung von Daten durch noch lebende Verwandte. Sie können fallweise auch voneinander abweichen. In diesen Fällen hat sich der Autor für die plausibelste und stringenteste Variante entschieden.
[3] Das Gebiet liegt in der heutigen Westukraine. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde Galizien an Polen angegliedert.
[4] History, The Jews of Dorhobycz, in: https://www.drohobycz-boryslaw.org/en/drohobycz-boryslaw-and-vicinity/history[Abruf: 1.10.2019].
[5] Siehe dazu: Seferzikaron le-Drohobycz, Boryslawve-ha-seviva (Memorial to the Jews of Drohobycz, Boryslaw, and surroundings), ed. N.M. Gelber, 1959. Eine englische Übersetzung dieses Buches ist unter https://www.jewishgen.org/Yizkor/Drohobycz/Drogobych.html#TOC [Abruf: 6.9.2019] verfügbar.
6 Engineer Yitzhak Stiefel: ´Boryslaw as an Industrial Oil Centre and the Role of the Jews of Boryslaw in the Industry`, in: Memorial to the Jews of Drohobycz, Boryslaw, and surroundings), ed. N.M. Gelber, 1959, 177‒184.
[7] Ebda u. PinkasHakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities, Poland,Volume II,YadVashem, translated Miriam Beckerman, ed. Valerie Schatzker, 92‒99. https://www.jewishgen.org/yizkor/pinkas_poland/pol2_00092.html [Abruf: 6.9.2019].
[8] Ebda.
[9] Siehedazu Valerie Schatzker: The Jewish Oil Magnates of Galicia: A History, 1853‒1945, Montreal 2015.
[10] Es handelt sich hierbei um die Geschwister bzw. den Nachkommen von Israel, Luser, Scheidel, Josef, Joachim, Et(t)el, Rachmiel (Emil), Osias sowie Moses Melech (Max) Lichtenstein. Vgl. Meldedaten der Stadt Graz.
[11] Vgl. Gerald Lamprecht: Fremd in der eigenen Stadt. Die moderne jüdische Gemeinde von Graz vor dem Ersten Weltkrieg (Schriften des Centrums für Jüdische Studien, Bd. 8), Innsbruck-Wien-München-Bozen 2007, 72.
[12] Ebda, 73. Mit dem Verlassen ihrer ursprünglichen Heimatgemeinden gaben die Menschen auch ihr sogenanntes Heimatrecht und somit ihren Anspruch auf Sozialhilfe, Unterstützung und das Recht, bei Kommunalwahlen ihre Stimme abzugeben, auf.
[13] Es fanden sich bislang kaum Hinweise darauf, dass auch der älteste Sohn Adolf Lichtenstein mit seiner Frau Regina in Graz gemeldet war.
[14] Moses Melech (Max) Lichtenstein war zugleich der jüngste Bruder von Et(t)el Lichtenstein und somit auch der Onkel von Mechcle Lichtenstein. Max Lichtenstein eröffnete in den 1920er-Jahren ein kleines Konfektionsgeschäft am Lendkai 15.
[15] Heinrich Spitzer (geb. 17.2.1885 in Güssing) führte ein Lebensmittelgeschäft in Graz.
[16]Es ist leider nicht überliefert, bei wem er hier gewohnt hat.
[17] Wo sich das Paar kennengelernt hatte, sowie der Hochzeitsort konnten nicht eruiert werden.
[18] Zur Jüdischen Gemeinde Rohatyn siehe: https://kehilalinks.jewishgen.org/rohatyn/Rohatyn.htm#TOP [Abruf: 5.10.2021].
[19] Die Mariengasse wird im Bereich zwischen Annenstraße und Keplerstraße um 1932 in Johann-Resel-Gasse (später Hans-Resel-Gasse) umbenannt. Die Hausnummern bleiben gleich.
[20] Meldedaten der Stadt Graz.
[21] Es ist leider nicht feststellbar, bei wem David Lichtenstein zu arbeiten begonnen hatte. ÖStA, AdR, „Bürckel“ 02/Rk-Korr, David Lichtenstein, 31.10.1938, Graz. Zit. in Gerald Lamprecht, ’Hochverehrter Herr Reichskommissar! Aspekte nationalsozialistischer Herrschaftspraxis am Beispiel persönlicher Eingaben an Reichskommisar Bürckel, in: Zeitgeschichte, Jg. 36, H.3 (2009), 148-164, 151.
[22] Ella Lichtenstein, Brief an Frau Waldenström vom 11. Mai 1939: Privatbesitz Fam. Lichtenstein. Rechtschreibung zwecks Lesbarkeit leicht dem heutigen Standard angepasst.
[23] Siehe dazu: Bernadette Biedermann, Robert Moretti, Nikolaus Reisinger, Markus Trebuch, Sozio-ökonomische Entwicklungslinien des Alltagslebens in Graz zwischen 1918 und 1938, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz, Jg. (2018) H. 48. Graz 1918-1938, 75-118.
[24] Siehe dazu Victoria Kumar: In Graz und anderorts. Lebenswege und Erinnerungen vertriebener Jüdinnen und Juden, Graz 2013, hier 175.
[25] Vgl. Gerald Lamprecht: Graz 1938 ‒ Von der Zerstörung der jüdischen Gemeinde, in: Kultur in Graz (Hrsg.), Hörmal. Überlebensgeschichten 1938-2008, 2008, 2.
[26] Vgl. Lamprecht, Graz 1938, 3.
[27] Ebda.
[28] Vgl. Kumar, In Graz und anderorts, 179‒180.
[29] Eintrag zu Heinrich Spitzer in die Personendatenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes.
[30] Es handelt sich um die Nachkommen von Emil und Klara Lichtenstein.
[31] Siehe hierzu: Die Flucht der „polnischen“ Jüdinnen und Juden, in: Begrenzte Flucht, https://begrenzte-flucht.ehri-project.eu/exhibits/show/geschichte/polen[Abruf: 8.10.2021].
[32] Es wurde eine Frist mit Ende des Jahres 1938 festgesetzt, die man noch zweimal verlängerte (zunächst bis Adolf Hilters Geburtstag, danach bis August 1939).
[33] In Graz gelang dies vor allem durch den Einsatz von Elias Grünschlag.
[34] Vgl. Kumar, In Graz und anderorts, 135.
[35] Siehe hierzu den Eintrag Kindertransporte, in: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Kindertransporte[Abruf: 7.10.2020].
[36] Ebda.
[37] Vgl. Kumar, In Graz und anderorts, 104.
[38] Insgesamt an die 100 jüdische Kinder wurden im Rahmen der sogenannten Schwedischen Israelmission in Kindertransporten nach Schweden in Sicherheit gebracht. Siehe dazu die Biografie der Familie Fischler, in: http://www.stolpersteine-graz.at/stolpersteine/fischler-max/[Abruf: 7.10.2020].
[39] Um sich für einen illegalen Transport registrieren zu lassen, wurde ein Mindestalter von 15 Jahren gefordert.
[40] Die Studien- und Lebenshaltungskosten für mindestens zwei Jahre mussten nachgewiesen werden.
[41] Die Kinder- und Jugend-Alijah (AlijatNoar, von hebräisch Alija „Aufstieg“) war eine jüdische Organisation, die versuchte, möglichst viele Kinder und Jugendliche in der Zeit des Nationalsozialismus aus dem Deutschen Reich vor allem nach Palästina in Sicherheit zu bringen.
[42] Gabriele Anderl, “Emigration und Vertreibung,” in: Vertreibung und Neubeginn. Israelische Bürger österreichischer Herkunft, eds. Erika Weinzierl and Otto D. Kulka, (Wien: Böhlau Verlag 1992), 226.
[43] Ella Lichtenstein, Brief an Frau Waldenström vom 24.5.1939: Privatbesitz Fam. Lichtenstein.
[44] David Lichtenstein, Postkarte an Frau Waldenström vom 2.6.1939: Privatbesitz Fam. Lichtenstein.
[45] Rosa Schwarz, Brief an Norbert Lichtenstein vom 10.6.1939: Privatbesitz Fam. Lichtenstein. Brief an Frau Waldenström vom 28.2.1940: Privatbesitz Fam. Lichtenstein.
[46] Siehe Anderl, Emigration und Vertreibung.
[47] Sie emigrierten später über London nach Palästina/Israel.
[48] Vgl. Kumar, In Graz und anderorts, 191.
[49] Anderl, Emigration und Vertreibung, 227.
[50] Ella Lichtenstein, Brief an Frau Waldenström vom 11.8.1939: Privatbesitz Fam. Lichtenstein.
[51] Ella Lichtenstein, Brief an Frau Waldenström vom 25.8.1939: Privatbesitz Fam. Lichtenstein.
[52] Mehrere Briefe an Frau Waldenström, 28.2.1940 bis 20.2.1941.
[53] Einträge zu Rosa und Robert Schwarz, YadVashem (2029850; 720163).
[54]Eintrag zu Art(h)ur Lichtenstein, 12.6.1925 im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.