MARIA MATZNER
GEB. LIEBL
JG. 1902
IM SOZIALDEMOKRATISCHEN
WIDERSTAND
VON GESTAPO
VERHAFTET 1944
`VERBINDUNG ZU PARTISANEN‘
ENTLASSEN APR. 1945
Maria Matzner wurde am 5. Jänner 1902 in Zniscenie bei Lemberg geboren. Ihre Mutter Josefa, geborene Köfer, stammte aus einer Bauernfamilie in der Oststeiermark, während ihr Vater Johann Liebl aus dem Böhmerwald kam. Er war von Beruf Schmied und später Gas- und Wasserleitungsinstallateur. Neben Maria hatten die beiden noch zwei Söhne.
Maria besuchte die Volks- und Bürgerschule in Graz und absolvierte einen Lehrgang für Büroangestellte. Danach ging sie als Angestellte des Bezirkssekretariats des Metallarbeiterverbandes nach Wiener Neustadt, wo sie gleichzeitig Funktionärin bei der Sozialistischen Jugend und beim Arbeiter-Turnverein war. In dieser Zeit lernte sie den sozialdemokratischen Politiker Fritz Matzner kennen. Nach der Heirat 1926 zogen die beiden nach Graz, wo sich Maria auch um die beiden Töchter aus der ersten Ehe ihres Mannes, Erna und Trude, kümmerte. Selbst bliebt sie kinderlos.
Zurück in der Steiermark intensivierte Matzner ihr politisches Engagement in der Sozialdemokratie. 1927 wurde sie zur Frauensekretärin der Landespartei berufen. Gleichzeitig war sie auch Mitglied des Landesparteivorstandes. Im Jänner 1934 bekam es Maria wegen der Abhaltung einer nicht gestatteten Versammlung in Eggenberg erstmals mit dem Gesetz zu tun.
Nach den Februarkämpfen und dem darauffolgenden Verbot der Partei herrschte in den ersten Monaten des Jahres 1934 im sozialdemokratischen Milieu große Unsicherheit über notwendige Maßnahmen und die richtige Vorgehensweise. In dieser Phase leitete Matzner über einige Wochen hinweg von Graz aus die revolutionär-sozialistische Widerstandsbewegung in der Steiermark. Sie versuchte Hilfsmaßnahmen für die Familien von Inhaftierten einzuleiten und diesen Trost zu spenden. Außerdem stellte sie über Rosa Jochmann die erste illegale Verbindung zu den Revolutionären Sozialisten in Wien her. Maria nahm auch Verbindung mit Geflüchteten, wie Otto Bauer, dem führenden Theoretiker der Sozialdemokratie in Österreich, oder Moritz Robinson, dem ehemaligen Chefredakteur des „Arbeiterwillen“, auf und arbeitete beim Aufbau eines überwiegend aus Frauen bestehenden Kaders mit, der Informationsmaterial und die nun illegale „Arbeiterzeitung“ verbreitete. Sie gehörte nun zu den führenden Persönlichkeiten der verbotenen Partei und reiste für Treffen mit internationalen Gesinnungsgenossen sogar nach Marburg und Brünn. Knapp vor dem 1. Mai 1934 wurde Matzner verhaftet. Sie konnte jedoch einen Strafaufschub erwirken, sodass sie noch die verbotenen Maiversammlungen organisieren konnte. 1937 stand sie wegen der illegalen Arbeit ihres Mannes, der als ehemaliger Gewerkschafter im Widerstand tätig war, vier Wochen unter Arrest und war einige Wochen in Untersuchungshaft im Landesgericht Graz. Als Frau wurde ihre vielfältige und wertvolle Arbeit – ohne die Bemühungen von ihr und anderen Genossinnen wäre der Widerstand bis 1938 nicht aufrecht zu erhalten gewesen – oft aus den eigenen Reihen torpediert und sie musste sich mehrfach mit Anfeindungen auseinandersetzen.
Der Wohnort von Maria Matzner in Graz war seit dem 1. April 1937 in der Pulverturmstraße 28. Ist am Meldezettel anfangs noch „beim Gatten“ vermerkt, steht in den weiteren Einträgen ab 1942 explizit „ohne Gatten“ dabei. Die Adresse blieb bis September 1945 ihr Wohnsitz und so wurde sie im Oktober 1944 möglicherweise auch hier von der Gestapo verhaftet und nach Wien gebracht. Grund dafür war, dass sie auf Wunsch der Parteigenossen in Jugoslawien, unter denen sich ihr Mann Fritz befand, Kontakt mit dem schon unter Beobachtung der Nationalsozialisten stehenden Heinrich Widmayer, einem niederösterreichischen Sozialdemokraten, aufgenommen hatte. Die Anklage lautete auf „Verbindung zu den Partisanen“. Maria wurde bei den Verhören durch die Gestapo mit Handschellen an die Wand gehängt, so dass die Wunden noch nach Kriegsende sichtbar waren. Im Dezember 1944 wurde sie in das Polizeigefängnis Rossauer Kaserne nach Wien überstellt. Als die Gestapobeamten im April 1945 vor der vorrückenden Roten Armee flüchteten, wurde Matzner entlassen. Sie wohnte bis zum Kriegsende bei Bekannten in Wien und konnte schließlich im Mai nach Graz zurückkehren.
Ihr Mann Fritz wurde im austrofaschistischen Ständestaat und unter dem NS-Regime insgesamt sechsmal verhaftet. 1944 musste er, nachdem seine Widerstandsgruppe aufgeflogen war, flüchten und schlug sich schließlich zu den Partisanen nach Jugoslawien durch, von wo er noch vor Kriegsende wieder nach Österreich zurückkehren konnte. Nach dem Krieg wurde die Ehe von Fritz und Maria geschieden – die Familie blieb aber stets in freundschaftlichem Kontakt. Fritz Matzner wurde noch 1945 in die provisorische Landesregierung berufen und war in der Folge eine wichtige Person in der steirischen SPÖ. Von 1960 bis 1964 war er Landeshauptmann-Stellvertreter.
Nur wenige ehemalige Widerstandskämpferinnen spielten nach Kriegsende eine Rolle in der Politik – Maria Matzner war eine davon. Sie beteiligte sich am Wiederaufbau der sozialistischen Bewegung in der Steiermark und legte den Grundstein für die Frauenorganisation der SPÖ. Außerdem nahm sie ihre Funktion als Frauensekretärin der SPÖ wieder auf, zusätzlich war sie auch im Parteisekretariat und leistete wertvolle Arbeit beim Wiederaufbau der Partei in der Obersteiermark. 1946 wurde sie in den Landtag gewählt und 1950 als erste Frau erstmals in die Steiermärkische Landesregierung, der sie bis 1962 angehörte. Dann schied sie aus dem Landtag und der Landesregierung aus und wurde in den Bundesrat berufen, in dem sie die SPÖ Steiermark bis 1970 vertrat.
Nach ihrer politischen Pensionierung blieb Maria Matzner noch Vorsitzende der Volkshilfe Steiermark, bei deren Aufbau sie sich engagiert hatte. Sie wurde allgemein hochgeachtet, aber ihrer etwas herben Art wegen auch ein wenig gefürchtet. Sie verstarb am 13. Mai 1987 in Graz. Unter ihren vielen Auszeichnungen finden sich das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, der Ehrenring des Landes Steiermark sowie die Große Viktor-Adler-Plakette der SPÖ.
Recherche und Biografie: Mag. Thomas Stoppacher
Quellen:
- Amschl, Martin: Das Rote Graz. 150 Jahre Grazer Sozialdemokratie. Graz 2018.
- Anzenberger Werner, Halbrainer Heimo (Hg.): Unrecht im Sinne des Rechtsstaates. Die Steiermark im Austrofaschismus. Graz 2014.
- Mang, Heinz: Steiermarks Sozialdemokraten im Sturm der Zeit, hrsg. aus Anlass des hundertjährigen Jubiläums der österreichischen Sozialdemokratie. Graz 1988.
- Reichl, Sepp: Der große Aufstieg. Eine Geschichte der arbeitenden Menschen und der Arbeiterbewegung in der Steiermark. Graz 1966.
- Schmidlechner, Karin M. / Wind, Viktoria: Frauen in Graz von 1918 bis 1938, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz. Band 48 (2018). Graz 1918-1938. S. 119-157.
- Schmidlechner-Lienhart Karin Maria: Frauen – Widerstand 1934 in Graz, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz. Band 44 (2014). Graz 1914 – 1934 – 1944. S. 167-180.
- Meldezettel der Stadt Graz: Maria Matzner
- Informationen von Dr. Lotte Reidinger
- Neue Zeit
- https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Matzner
- https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_01091/index.shtml
- https://www.doew.at/result?id=807288&cat=1
- https://www.hdgoe.at/steiermarks-erste-landesraetin
- https://fraueninbewegung.onb.ac.at/node/1260